Historie

Auszug aus der Festschrift

"Die Fronleichnams-Schützenkompanie in Hörbranz - Damals und Heute"

von Siegfried und Christoph Hagen, 1996

 

Die Gründung

Nach einer Reihe schöner, heißer Sommertage hatte sich ein fürchterliches Gewitter zusammengebraut. Die Bauern hatten gehofft, es werde in eine andere Gegend ziehen. Das tat es jedoch nicht, sondern tobte seinen ganzen Schrecken im Gebiet der Gemeinde Hörbranz und ihrer Nachbargemeinden aus. Ein schwerer Hagel verwüstete die Äcker, auf denen das Getreide reif zum Schnitte stand und hernach reckten die Bäume nur noch kahle Äste und Zweige zum Himmel und das Gras war wie plattgewalzt, Arbeit und Fleiß eines ganzen Jahres vernichtet. Notzeit war angebrochen.

Daraufhin gelobten die Bauern, am „Üsa Herrgottstag“ mit einer Schützenkompanie zur Prozession auszurücken um durch diese Verherrlichung Gottes vor ähnlichen Naturkatastrophen verschont zu bleiben.

Der Gründungszeitpunkt der Fronleichnamskompanie konnte nicht mehr genau ermittelt werden, er wird jedoch allgemein in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts angenommen. Das Messgerät, an dem alljährlich die jungen Rekruten ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen mussten, ist jedenfalls mit der Jahreszahl 1779 versehen. Dieser Umstand beweist das Bestehen der Kompanie im selben Jahre, bedeutet aber keinesfalls, dass diese nicht früher existiert hätte. Aus der Frühzeit der Kompanie sind nur ganz seltene Hinweise auf dieselbe vorhanden. Einer Aufzeichnung im Stadtarchiv Bregenz ist zu entnehmen, dass bereits vor dem Jahre 1800 Bürger von Bregenz und Lochau am Fronleichnamstag nach Hörbranz pilgerten.

Die Zeit Napoleons

Die Zeit der napoleonischen Kriege war für das Land vor der Bregenzer Klause eine sehr bewegte. Verschiedene Kampfhandlungen spielten sich hier ab, beispielsweise bei Ziegelbach und auf Krüza, und die jungen Männer unserer Gegend wurden zu Kriegsdiensten herangezogen, mal von österreichischer Seite, ein anderes Mal von den Franzosen und Bayern, nicht wenige kehrten nie wieder heim. Kein Wunder, dass in dieser Zeit nur noch eine geschrumpfte Formation aus Alten und Untauglichen den angelobten Dienst an Fronleichnam versehen konnten.

Aus der Zeit Napoleons stammen aber auch der Großteil der Uniformierung und auch einige Kommandos, die französischen Ursprungs sind. Nach 1945 konnte man von Angehörigen der französischen Besatzungstruppen hören: „Ah, das sind die Uniformen unserer Vorfahren.“

Im Jahre 1806 wurde nach Angliederung Vorarlbergs und Tirols an Bayern dem damaligen Hauptmann Rhomberg ein Ehrendiplom für die Kompanie von Kurfürst Max Josef verliehen in welchen dieser das Wohlwollen seitens der bayrischen Behörden für die Kompanie zum Ausdruck brachte.

Das Kaiserhaus

Als im Jahre 1844 der damalige Erzherzog und spätere Kaiser Franz Josef zusammen mit seinem Bruder Max (später als Kaiser von Mexiko ermordet) auf der Durchreise in Hörbranz Halt machten, hatten die Schützen auf der oberen Landstraße Aufstellung genommen. Die kaiserlichen Prinzen schritten die Front ab und unterhielten sich dann einige Zeit mit den Offizieren und Mannschaften, ehe sie weiterreisten.

Überhaupt muss die Hörbranzer Schützenkompanie stets eine enge Bindung an Österreich und sein Kaiserhaus gehabt haben. Dies unterstreicht auch ein Originaltext aus einem Protokoll vom 7. Juli 1846 mit folgenden Wortlaut: „Die preiseschen Hüt sind über Einkimmnis der ganzen Mannschaft abzutragen und dieselbe durch Tschakos zu verwenden, damit wir uns besser nach dem k.k. Kaiserhaus Österreich als treue Untertanen sich zeugen.“ Die quergestellten Hüte, wie sie damals die preußischen Soldaten trugen, wurden also abgeschafft und durch die im österreichischen Militär üblichen Tschakos ersetzt, was bis heute so geblieben ist.

Aus Anlass der Geburt des Kronprinzen Rudolf (1858), so ist überliefert, feuerten die Hörbranzer Artilleristen vom Buchenberg am Pfänderhang ein Ehrensalut von 101 Kanonenschüssen ab.

Im Jahre 1909 wurde eine Jahrhundertfeier zum Gedenken an den Höhepunkt der Freiheitskriege gegen Napoleon seitens des Landes Vorarlberg in Bregenz feierlich begangen. Zum Schluss defilierte die Kompanie in einer glänzenden Parade vor Kaiser Franz Josef, der anlässlich der Jahrhundertfeier nach Bregenz gekommen war.

Die Zeit bis 1945

Zu Ende des 19. Jahrhunderts sind kaum mehr außergewöhnliche Ausrückungen vermerkt. Die Kompanie widmete sich allein ihrer ursprünglich durch Gelöbnis übernommenen Aufgabe, dem Fronleichnamsfest einen besonders feierlichen Rahmen zu geben. In diesem Zeitabschnitt festigte sich das ungeschriebene Reglement des Ausrückungsmodus, der Kommandos, der Uniformierung und des Mannschaftsstandes. Es kam ein bewusstes Festhalten an der damals schon mehr als hundertjährigen Tradition auf. Waren beispielsweise ab 1828 nur noch Musikkorps und Grenadierzug ausgerückt, so wird schon vom Jahre 1844 an von der Ausrückung wieder in voller Kompaniestärke berichtet. Dies hat sich offenbar nicht mehr geändert, ausgenommen während des Ersten Weltkriegs, als alle wehrfähigen Männer an der Front standen und allein der Grenadierzug aus alten Männern rekrutiert werden konnte. Doch schon im ersten Nachkriegsjahr 1919 wurde die Kompanie in voller Stärke neu aufgestellt und das Fronleichnamsfest wie in Vorkriegszeiten gefeiert.

Im Jahre 1927 überschattete der einzige in der ganzen Kompaniegeschichte bekannte schwere Unfall die Festlichkeiten der Fronleichnamstage. Am Nachmittag, während des Ladens eines Geschützes entzündete sich die Ladung selbst, vermutlich infolge eines im Rohr verbliebenen Glutrestes. Durch die austretende Stichflamme wurden der Vormeister tödlich und ein Kanonier schwer verletzt.

Nicht unerwähnt bleiben soll ein Besuch des ehemaligen Feldmarschalls Erzherzog Eugen und Erzherzogin Adelheid, einer Tochter des letzten österreichischen Kaisers Karl, am 20 Juni 1937 in Hörbranz. Die hohen Gäste waren so sehr von der Kompanie begeistert, dass die Defilierung auf ihren ausdrücklichen Wunsch wiederholt werden musste. Dies sollte die letzte Ausrückung vor dem Zweiten Weltkrieg sein, denn im Jahre 1938 wurden vom Nationalsozialistischen Regime jegliche Aktivitäten der Fronleichnamsschützen verboten.

Der Neubeginn nach 1945

Erst das Kriegsende am 8. Mai 1945 brachte der Schützenkompanie wieder die Möglichkeit, sich frei zu entfalten. Natürlich konnte in knapp vier Wochen nicht die ganze Kompanie auf die Beine gestellt werden. Der Großteil der waffenfähigen Männer befand sich noch in Gefangenschaft und die Heimkehrer waren noch nicht zahlreich. Zudem waren sehr viele Uniformen durch die jahrelange Lagerung unter ungünstigen Verhältnissen von Motten zerfressen und unbrauchbar geworden. Glücklicherweise hatte gleich beim Einmarsch der französischen Truppen der spätere Kompaniefeldwebel Julius Hagen die Beschlagnahme und Vernichtung der Gewehre verhindern können. Es konnte nur eine kleine Abteilung bestehend aus dem Pionier, zwei Tambours, Fahne und Grenadierzug unter dem Kommando des Leutnants Andreas Rupp aufgestellt werden. Die Fahne wurde vom damaligen Hauptmann Georg Sohler selbst getragen. Als Besonderheit ist zu vermerken, dass auf Befehl des französischen Ortskommandanten Marokkaner mit weißem Turban, weißen Handschuhen und Gamaschen die Tambours an der Spitze des Zuges begleiteten.

Für das Jahr 1946 wurde die Aufnahme der Tradition in vollem Umfang beschlossen. Durch erfolgreiche Zusammenarbeit von Bürgermeister, Offizierskorps und vielen weiteren Helfern gelang es, die Kompanie in ihrer gesamten Mannschaftsstärke samt Musikkapelle zusammenzubringen und wiederum komplett einzukleiden und auszurüsten. Auch auf das Wohlwollen der Besatzungsoffiziere kam es damals noch an und dessen konnte man sich zweifellos erfreuen. So waren alle Hürden überwunden und die zukünftigen Ausrückungen gesichert. Auch in den folgenden Jahren konnte man sich über den Zustrom von Beitrittswilligen nicht beklagen, und die immer wieder notwendige Erneuerung von Uniformen und Gerätschaft war durch Bereitstellung finanzieller Mittel seitens der Gemeinde Hörbranz gewährleistet. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Die 60er und 70er Jahre

Etwa zwischen 1960 und 1970 traten vermehrt an den von der Kompanie verwendeten und teilweise schon sehr alten Vorderladergewehren Abnützungserscheinungen auf, die häufige Reparaturen notwendig machten. Es war zu befürchten, dass die Sicherheit bald nicht mehr gewährleistet wäre, wenn weiterhin damit geschossen würde. Somit stellte sich die Frage, wie die Kompanie mit neuen aber trotzdem wieder stilechten Gewehren auszurüsten wäre. 1974 war es dann tatsächlich möglich, die Neuanschaffung zu tätigen, nachdem Hptm. Lorenz King nach langen Bemühungen ein geeignetes Gewehr gefunden hatte. Es wurde nach dem französischen Originalmodell „Zuave“ aus 1830 in Italien hergestellt und entspricht voll und ganz den ursprünglich verwendeten Waffen. Die Finanzierung wurde vom Land Vorarlberg und der Gemeinde Hörbranz getragen.

Im Jahre 1979 durfte die Kompanie gemeinsam mit der Musikkapelle ihr zweihundertjähriges Bestandsjubiläum begehen. Zur Eröffnung fand am unteren Kirchplatz ein großer österreichischer Zapfenstreich statt.

Die enge Verbindung von Kompanie und Musikkapelle hat ihre Wurzeln bereits in der Ursprungszeit und scheint in den folgenden Zeitabschnitten immer wieder auf. Zuerst führten die Musikanten die Bezeichnung „Feldmusik“, was zweifellos auf die Zugehörigkeit zu einer militärischen Formation hinweist. Einer interessanterweise noch vorhandenen Kompanieliste aus dem Jahre 1814 zufolge setzte sich damals das Musikkorps aus einem Musikmeister und 15 Musikanten zusammen. Die Kompanie zählte 61 Offiziere und Mannschaften. Der Musikmeister oder Kapellmeister, wie er später genannt wurde, war im Rang eines Feldwebels und unterstand dem Kommando des Hauptmannes. Der Musikverein Hörbranz ist in gerader Linie der Traditionsträger dieser ersten Feldmusik und somit auch die älteste Musikkapelle in Vorarlberg. Dies tritt bei den gemeinsamen Ausrückungen von Kompanie und Musik besonders ins Blickfeld.

Besondere Ausrückungen

Das Jahr 1809 als einem Höhepunkt in der Zeit der Freiheitskriege gegen Napoleon hatte in Tirol und Vorarlberg immer einen besonderen historischen Stellenwert. Aus diesem Grund wurde schon im Jahre 1909 eine Jahrhundertfeier seitens des Landes Vorarlberg in Bregenz feierlich begangen. Ein großartiger Festzug zeigte in zahlreichen Gruppen Bilder von der Zeit der alemannischen Besiedelung an bis zu den Kriegen der napoleonischen Epoche. In diesem Zug stellten die Hörbranzer Schützen die anmarschierenden französischen Truppen dar. Zum Schluss defilierte die Kompanie in einer glänzenden Parade vor Kaiser Franz Josef.

Aus Anlass des 150-Jahr-Jubiläums wurde 1959 wiederum in Bregenz eine große Feier veranstaltet, an welcher unter anderem die historischen Vorarlberger Schützenkompanien, allem voran die Hörbranzer Fronleichnamsschützen beteiligt waren.

Die 175-Jahr-Feier des Gedenkens an das Schicksalsjahr 1809 wurde 1984 von den Ländern Tirol und Vorarlberg gemeinsam in Innsbruck in sehr eindrucksvoller Weise veranstaltet. Den Höhepunkt bildet ein Festzug durch die Straßen der Tiroler Landeshauptstadt, an der sich Schützenkompanien, Musikkapellen und Trachtengruppen aus allen Teilen Tirols, Vorarlbergs, Salzburg und Bayern beteiligen. Die Fronleichnamsschützen aus Hörbranz, von nicht wenigen Zuschauern zunächst für Franzosen gehalten, erhielten besonders großen Beifall und den damals teilnehmenden Schützen ist dieser historische Festtag noch immer in schöner Erinnerung.

Nach 30 Jahren war es am Sonntag, den 20. Juli 2014, wieder einmal soweit: die Hörbranzer Fronleichnamsschützenkompanie rückte in voller Mannschaftsstärke mit 140 Schützen und Musikern zum Landestreffen der Historischen Bürgerwehren und Stadtgarden von Württemberg und Hohenzollern anlässlich der 700-Jahr-Feier der befreundeten Bürgerwache Rottenburg am Neckar aus. Es wirkten 40 Wehren und Garden mit ca. 2000 Schützen mit. Für alle war diese Ausrückung ein besonderes Erlebnis.

 

Solche historische Anlässe oder vaterländische Gedenkfeiern bilden für die Kompanie nur ganz selten Grund für eine außergewöhnliche Ausrückung, denn das in der Tradition begründete Reglement lautet, dass sich die Kompanie normalerweise nicht außerhalb unserer Gemeindegrenzen begibt.